Freitag, 14. Mai 2021

Ticino

Der Ticino im Bereich des Parco Naturale Valle Ticino fliesst in seinem natürlichen Bett munter südwärts und mündet nach Pavia in den Po. Er ermöglicht einen für die meisten Menschen unbekannten Einblick in die natürliche Flusslandschaft mit grandiosen Aussichten vom Wasser aus.






Langsame Abschnitte zwischen einigen Flusssperren, gepaart mit Flachstellen und verschiedenartigen Stromschnellen in einem manchmal mehrteilig mäandernden Flusslauf, erfordern vom geübten Fluss-Paddler alles, was es es beim Paddeln braucht: eine gute Vorausplanung, logistisches Organisationsgeschick, vorausschauendes, teils intuitives Fahren beim Wechseln der Flussseite über weniger tiefe Stellen hinweg, Improvisationsgeschick und vor allem - Zeit.





Auch so bleibt der Ticino für seinen Neuling herausfordernd. Ein eintägiger Regenschauer lässt den Fluss innerhalb weniger Stunden bis zu einem halben Meter an- und wieder abschwellen, was zwar einiges an Navigation einfacher machen kann, anderes jedoch durch das erhöhte Fliesstempo schwieriger. Auf Kiesbänken liegende Baumstämme sind nun zum Teil überspült und ragen aus dem Wasser. Ebenso ragen immer wieder umgestürzte Bäume oder Äste vom Ufer her in die Flussrinne - ungepflegter Urwald eben. Doch der Fluss und mit ihm der Paddler haben bei diesem Wasserstand genügend Platz - das Werk der Natur. So weit so gut.



Unerwartet schwierig können neben der Schupfwuhr, auch 'Wildsau' genannt, generell Stellen sein, wo der Mensch eingegriffen hat: Sperren, Walzen und Brücken (nicht nur bei erhöhtem Wasserpegel). Man sollte sich auf solche hin auch bei guter Vorausplanung immer am Rand des Flusses bewegen, um aussteigen und die Stelle vor Ort rekognoszieren zu können. In der Praxis ist dies jedoch nicht immer gleich einfach. 

Man lässt sich von der Erfahrung schnell verleiten - doch die konkrete Situation ist jedesmal anders: Fliesstempo, eine unerwartete Krümmung des Uferverlaufs, ins Wasser ragende Äste oder vor Brückenköpfen sich stauendes Holz, plötzlich steile Seitendämme - die Kombination solcher Faktoren können das Unterfangen Auswassern zur Glückssache machen. Das kann tödlich enden.

Der Ticino ist ein strenger Meister. Er hat mich gelehrt, künftig auf derartige Flussfahrten zu verzichten und mich an langsam fliessende, gut dokumentierte Reiseflüsse zu halten.